Offener Brief der LA21: Die Krise als Chance für mehr Klimaschutz

Wer in den vergangenen Tagen in Ehrang mitgeholfen hat, die Hochwasserschäden zu beseitigen, konnte in Gesprächen mit den Betroffenen immer wieder dieselben Beobachtungen machen:

  • Die Menschen wollen so schnell wie möglich zurück zur Normalität, zum gewohnten Alltag.
  • Auf dem Hintergrund der erfahrenen Naturkatastrophe ist ein hohes Maß an Klimabewusstsein vorhanden.
  • Die Menschen sind bereit zu neuen und gemeinsamen Lösungen und Initiativen für die Aufbauarbeiten.

Das Hochwasser der Kyll hat in Ehrang rund 700 Häuser samt nötiger Infrastruktur beschädigt. Das ist einerseits ein ungeheurer Schaden, andererseits aber auch eine Chance für einen großen Schritt in Richtung Klimaschutz und Klimaanpassung, den die Betroffenen auch mittragen würden.

Durch das Hochwasser wurden große Teile der Infrastruktur in Ehrang zerstört – der Sperrmüll wird hier langfristig zum kleineren Problem.

Denn ein Problem stellt sich flächendeckend: zerstörte Heizungen und ausgelaufene Öltanks. Das bedeutet, dass für einen kompletten Stadtteil eine neue Wärmeversorgung aufzubauen ist. Eine klima-freundliche und möglichst CO2-neutrale Wärmeversorgung für diese 700 Gebäude würde nicht nur ein Versorgungsproblem vor Ort lösen, sondern wäre auch ein großer Schritt der Stadt Trier in Richtung Klimaneutralität.

Das wäre wiederum der ideale Zeitpunkt für einenAktionsplan klimafreundliches Ehrang! Was beim innerstädtischen energetischen Quartiersmanagement mit nur sehr kleinteiligen Schritten umsetzbar ist, wäre hier im großen Maßstab realisierbar: energetische Gebäudesanierung, Fernwärme, solarthermische- und Photovoltaikkollektoren auf den Dächern, eine Nahwärmeversorgung mit Großwärmepumpen, die mit einer Wärmequelle Moselwasser, Abwasser oder anderer Wärmequellen versorgt wird, kollektive und zentralisierte Heizungssysteme und Energiespeicher. Die Instandsetzung der Infrastruktur bietet die Möglichkeit Wärmenetze nachträglich zu integrieren und Gebäude an eine nachhaltige Energieversorgung durch Strom, Windkraft, Biogas und Fernwärme anzuschließen. Sofern Fußböden entfernt werden müssen, kann das für den Einbau von Flächenheizungen (Fußbodenheizungen) genutzt werden, die sich mit Wärmepumpen betreiben lassen. Da Gebäude aus den verschiedenen Sektoren Haushalte, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen, Industrie und öffentlichen Liegenschaften betroffen sind, könnte ein solches Projekt zum Modell für andere Stadtteile und Kommunen werden.

Eine Orientierung für die Vorgehensweise könnten die im Baden-Württembergischen Klimaschutzgesetz bereits vorgeschriebenen kommunalen Wärmepläne sein, die einen Transformationspfad zum Aufbau einer klimaneutralen Wärmeversorgung sicherstellen sollen.

Hinzu kommt, dass aufgrund der verseuchten Böden ein Großteil des Erdreichs in den zahlreichen Gartenanlagen abgetragen werden muss. Wenn schon der Bagger kommt, ist das die beste Voraussetzung, um, wo es möglich ist, Zisternen anzulegen.

Zum Aktionsplan könnte auch gehören, Durchlässe für den Damm, auf dem der Radweg verläuft, vorzusehen. Dieser Damm hat auch dazu beigetragen, dass das Kyllwasser nicht ablaufen konnte, sondern in den Ort zurückgestaut wurde.

Möglicherweise wäre ein übergreifender Aktionsplan auch eine Grundlage, um Hilfsmittel (EU, Land, Bund) im größeren Maßstab zu akquirieren und zielorientiert auszuschütten. Mit den Spezialist*innen in der Trierer Stadtverwaltung, den Stadtwerken, der Energieagentur, den Klimamanager*innen und den „besten Köpfen“ der beiden Hochschulen Triers sollte es möglich sein, auch einen Aktionsplan in diesem Umfang zeitnah aufzustellen, der kurz-, mittel- und langfristige Schritte vorsieht.

Ein solches Projekt lässt sich nicht ohne substanzielle Beteiligung und Mitsprache der betroffenen Menschen umsetzen. Es könnte für sie auch ein vertrauensbildendes Angebot sein, dass sie in der Krise nicht allein gelassen werden. Die tiefgreifende Erfahrung, wie schnell eine Naturkatastrophe die Grundlage von Existenzen zerstören kann, hat mit Sicherheit die Bereitschaft gefördert, sich für einen Aktionsplan zum Klimaschutz und zur Klimawandelanpassung einzusetzen. Denn das Ziel dieses Aktionsplans wäre es, die Ursachen für klimabedingte Unwetterkatastrophen zu bekämpfen, um künftige Überschwemmungen Ehrangs möglichst zu verhindern.

Die Lokale Agenda 21 wäre bereit, bei der Moderation eines solchen Prozesses mitzuhelfen.

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