Familien, die einen konsumfreien Aufenthaltsplatz mitten in der Trierer Innenstadt entdecken, gut gelaunte Veranstaltungsteilnehmende bei Wein und Musik und gute Diskussion mit Tiefgang am Abend – all das brachte die Verwandlung des sonst als Parkplatz mit circa 50 Stellplätzen genutzten Rindertanzplatzes in einen autofreien und offenen Begegnungsort. Ausgehend von der Initiative des AK Mobilität der LA21 wurde hier vom 19. bis 21. September 2023 ein Experiment gewagt, das – wie zu erwarten war – sowohl Zuspruch, als auch Ablehnung mit sich brachte. Das Fazit nach drei Tagen mit abwechslungsreichem Programm: Der Rindertanzplatz bedarf, ebenso wie andere zur Diskussion gestellte Orte in der Innenstadt wie Porta Nigra-Vorplatz und Römerbrücke, dringend einer Neu-Denkung. Konkrete Vorschläge genau dafür zu sammeln, das stellte sich als große Stärke der Veranstaltung rund um die Zukunftskonferenz am Mittwochabend heraus.
Buntes Programm mit vielen Kooperationen
Ab Dienstagvormittag stand der Platz mit seinem wertvollen Baumbestand und dem historisch bedeutenden Umfeld zwischen Mergener Hof und Dombezirk zur freien Verfügung offen. Dank der Unterstützung seitens der KulturKarawane Trier, die eine Mini-Version des Flying Grass Carpets zur Verfügung stellten, sowie Materialien aus dem Bestand der Fachstelle für Kinder- und Jugendpastoral im Bistum Trier, etwa großen Sitzsäcken und einer Spielekiste, wurde der Rindertanzplatz zum konsumfreien Begegnungsort. Hier wurde bereits am ersten Tag ein Workshop für Schulklassen des benachbarten Auguste-Viktoria-Gymnasiums gehalten, Menschen nutzten die Sitzgelegenheiten für ihre Mittagspause und Familien zum Verschnaufen in der Hektik der Innenstadt. Dank dem Mergener Hof standen Bierzeltgarnituren und eine Soundanlage zur Verfügung, die auch in den folgenden Tagen für Veranstaltungen aller Art genutzt werden konnte. So auch beim abendlichen Meet&Greet der Lokalen Agenda 21, bei dem Mitglieder den Verein besser kennenlernen und sich vom Trierer Liedermacher-Duo Hennich & Hanschel bestens unterhalten lassen konnten.
Ein besonderes Plus an Aufenthaltsqualität konnte dank der Firma Bösen in Zusammenarbeit mit dem Agenda-Projekt „Trier begrünt!“ über die drei Tage realisiert werden: Dank von Bösen zur Verfügung gestellten Pflanzen in großen Kübeln bekamen die Triererinnen und Trierer einen Einblick, wie der Platz mit mehr Grün statt Grau aussehen könnte – und was für ein großes Plus an Aufenthalts- und Lebensqualität bereits kleines Grün für Mensch, Tier und Stadtklima bedeutet. Ein angenehmes Umfeld also, um in den seitens der Stadtbücherei Trier zur Verfügung gestellten Medienkisten mit Büchern zum Vorlesen und selbst schmökern das neue Gesicht des Rindertanzplatzes zu genießen.
Weitere Highlights im Programm der drei Tage waren eine sehr spannende und gut besuchte Exkursion zum historischen Umfeld des Platzes mit dem Kunsthistoriker und Stadtführer Jens Baumeister, ebenso wie ein gemeinsamer Brunch am Donnerstagmittag, der ebenso wie die Zukunftskonferenz am Mittwochabend mit viel regionaler Live-Musik untermalt wurde.
Eine ganz besondere Zukunftskonferenz am Mittwochabend
Beim Abschlussforum der Zukunftskonferenz, die in diesem Jahr unter dem Titel „Um-Parken. Mehr Grün statt Blech – Den öffentlichen Raum klimagerechter verteilen“ stand, zeigte sich dann, wie wichtig der gemeinsame, im wahrsten Sinne des Wortes unverstellte Blick auf die Hotspots potentieller Umgestaltung in der Trierer Innenstadt ist. Sowohl vorab bei einer mit knapp 50 Personen sehr gut besuchten Exkursion zu Fuß und per Rad, als auch im Dialogforum später auf dem Rindertanzplatz; der Drive, etwas an diesen Orten zu verändern ist von allen Seiten groß – ein wichtiges Signal, sowohl seitens der Stadtverwaltung, die insbesondere durch den Bau- und Umweltdezernenten Thilo Becker prominent vertreten war, als auch wiederum seitens der engagierten Zivilgesellschaft.
Bezogen auf den Rindertanzplatz wurde dem Platz von den Teilnehmenden der Zukunftskonferenz eine hohe Priorität bei der Umgestaltung der Innenstadt zugewiesen. Dafür wurden folgende Vorschläge für einen „konsumfreien Aufenthaltsort“ gemacht: Entsiegelung und natürliche Bepflanzung, ein Spielplatz, ein Brunnen und Wasserflächen, Sitzgelegenheiten, Fahrradabstellmöglichkeiten, möglichst überdacht. Die historische Bedeutung des Platzes (Deportationsdenkmal) und der umliegenden Gebäude (Haus Fetzenreich, spätgotische Fassade des alten Klosterhofes) sollen saniert und zur Geltung gebracht werden. Die Berücksichtigung von Aspekten der Barrierefreiheit und des innerstädtischen Wassermanagements (Schwammstadt-Prinzip) soll dabei, wie an allen ‚Baustellen‘ in der Stadt ebenso eine hohe Priorität haben.
Zu diesen festgestellten Punkten wird in der Folge weitergearbeitet: Der Arbeitskreis Mobilität hat viel daran gesetzt, die in Arbeitsgruppen vor Ort erarbeiteten Ideen zu dokumentieren und möchte sie ganz praktisch und realistisch weiterentwickeln; mit dem Ziel, daraus konkrete, machbare und finanzierbare Maßnahmenvorschläge an die entscheidenden und gestaltenden Instanzen in der Stadtverwaltung zu geben.
Ein insgesamt positives, aber problembewusstes Fazit
Während der drei autofreien Tage hat sich gezeigt, welche Potentiale dem Platz als innenstädtische „grüne Oase“ zukommen könnte. Mütter haben ihn als dringend gefragten Kinderspielplatz entdeckt, Schulklassen als Klassenzimmer im Freien, Künstler aus Auftrittsort und Passanten als Ruhe- und Aufenthaltszone. Die Sperrung der Parkplätze hat sich zu keinem Zeitpunkt als problematisch erwiesen: Regelmäßige Abfragen der Parkhaus-App haben ergeben, dass jeweils noch mehrere 100 Stellplätze in den Parkhäusern frei waren – zur Überraschung mancher Autofahrenden, die auf dem Rindertanzplatz parken wollten.
In den Gesprächen mit den Gewerbetreibenden in Glocken- und Rindertanzstraße vor und während der Veranstaltung zeigten sich unterschiedliche Einstellungen, wobei nicht alle der Gewerbetreiben eine Sperrung des Rindertanzplatzes für Autos skeptisch sehen. Es werden auch die Vorteile für den Einzelhandel gesehen, die eine erhöhte Aufenthaltsqualität des Platzes mit sich bringen. Konsens – auch mit der LA21 – ist, dass zur Kompensation weggefallener Parkplätze der ÖPNV, die Radwegezugänglichkeit der Innenstadt und die Park&Ride-Angebote verbessert werden müssen.
Die Veranstaltung auf dem Rindertanzplatz konnte dank der freundlichen Unterstützung aus Mitteln des Ortsbeirats Mitte / Gartenfeld realisiert werden – dafür bedanken wir uns im Namen der LA21 und der beteiligten Kooperationspartner:innen ganz herzlich.