Im Streit, ob und wo in Trier ein Globus-Markt angesiedelt werden soll, geht es um die Frage, wie wir eine zukunftsfähige und nachhaltige Stadt schaffen wollen. Wir wollen eine Stadt mit weniger motorisiertem Verkehr, kurzen Wegen vom Feld bis auf den Teller und einer flächendeckenden Versorgung mit regionalen und fair gehandelten Lebensmitteln.
Das veraltete Modell eines Vollsortiment-Supermarkts auf der grünen Wiese passt aus mehreren Gründen nicht zu dem Bild, das die Fairtrade-Stadt Trier mit mehreren Entschließungen von sich gezeichnet hat:
1. Ganz unabhängig vom endgültigen Standort eines Globus-Marktes hätte ein Einkaufszentrum in der städtischen Peripherie erhebliche Auswirkungen auf das Verkehrsaufkommen. Da Globus davon ausgeht, dass 95% der Kunden mit dem Auto zum Einkaufen fahren, würde der Verkehr aus der Stadt heraus und in die Stadt zurück erheblich zunehmen. Hinzu kommt der Einzugsverkehr der Kunden aus dem Umland. Die Ansiedelung eines Globus-Marktes in Zewen würde deshalb nicht nur zu einer Zunahme des Quellverkehrs in der Tallage führen, sondern auch neue Gründe für den Moselaufstieg liefern.
2. Die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht, wie wichtig eine wohnortnahe Lebensmittelversorgung ist. Kurze Wege mit möglichst wenig Zwischenhändlern sind krisenfest, während globale Ketten mit vielen Zwischenstationen anfällig sind für Störungen, Verzögerungen, Ausbeutung, Menschenrechtsverletzungen und Hygieneskandale. Angesichts des Verdrängungsprozesses, den Globus für kleinere Geschäfte und insbesondere Lebensmittelgeschäfte in der Innenstadt auslösen würde, ist das eine Entwicklung, die allen aktuellen Überlegungen zur Krisenvorbeugung widerspricht. Die Stellungnahme von Seiten der IHK, der HWK, des Handelsverbands und der City-Initiative Trier untermauern diese Befürchtungen für den Trierer Einzelhandel. Das Flair der Innenstadt wird maßgeblich durch diese kleineren Geschäfte, Cafés und Gaststätten mitbestimmt. Das ermöglicht der Bevölkerung, sich wieder mit „ihrem“ Viertel zu identifizieren und schafft Anreize für Touristen, die Stadt zu besuchen.
3. Auch wenn das derzeit favorisierte Gelände für den Globus-Markt bereits als Gewerbefläche ausgewiesen ist, so sollte nicht aus dem Blick verloren werden, dass dadurch landwirtschaftliche Nutzfläche versiegelt wird und damit für die regionale Lebensmittelproduktion verloren geht. Damit es regionale Produktion auch in Zukunft geben kann, müssen regionale Landwirtschaft und Handwerksbetriebe unterstützt werden, anstatt sich auf die Zusage großer Handelsketten zu verlassen, auch teilweise regionale Produkte zu verkaufen. Hier könnte die Stadt punkten, wenn sie die Digitalisierung dazu nutzt, regionalen und fairen Handel zu erleichtern und gleichzeitig das Verkehrsaufkommen zu vermindern.
4. Mit der Schließung von Kaufhof / Karstadt ist in der Innenstadt Verkaufsfläche für ein Vollsortiment-Angebot freigeworden. Entsprechend dem auch von Stadtrat und Stadtverwaltung mitgetragenen Prinzip Innenstadtverdichtung vor Neuerschließung muss diese Entwicklung bei der Entscheidung über einen Globus-Markt zwingend berücksichtigt werden.
Der Stadtrat hat in den vergangenen Jahren bereits mehrfach zukunftsweisende Konzepte zur Mobilität, zur CO2-Neutralität und zur Förderung des Einzelhandels verabschiedet, und im vergangenen Jahr sogar den Klimanotstand beschlossen. Das Konzept eines Globus-Marktes am Stadtrand widerspricht diesen Zielen und auch den Verpflichtungen, die die Stadt Trier mit der Verabschiedung des „Aktionsplans Entwicklungspolitik“ durch den Stadtrat übernommen hat. Immerhin verpflichtet sie sich darin zu „Nachhaltigem Wirtschaften & öko-sozialer Beschaffung“ sowie zur Förderung von „Bewusstem Konsum & Recycling“. Sie bekennt sich beispielsweise zu folgenden Vorhaben:
• Entwicklung und Implementierung von Strategien zur Ausweitung des Angebots regional, biologisch und fair erzeugter Produkte im Einzelhandel.
• Es wird ein Konzept entwickelt, um kleinen, regionalen Erzeugern den (Wochen-)Marktzugang und die öffentliche Präsentation zu erleichtern.
• Die Stadt Trier setzt sich für Ernährungssouveränität ein und wirbt bei den Landkreisen für den Erhalt einer regionalen und zukunftsfähigen Landwirtschaft.
• Die Stadt Trier setzt sich für die langfristige Erhaltung und Entwicklung von ökologisch wertvollen Flächen sowie für den nachhaltigen Artenschutz ein […].
• Schaffung von Anreizen zur Steigerung der Intermodalität und PKW-freien Fortbewegung.
Ein Globus-Markt am Stadtrand ist mit den Zielen einer ökologischen, nachhaltigen, klimafreundlichen, CO2-neutralen Stadtentwicklung, nicht vereinbar. Anstatt darüber zu diskutieren, ob und wo in der Stadt ein neuer Vollsortiment-Markt mit Parkplätzen errichtet werden soll, sollte die Stadtplanung über dezentrale, regionale und kooperative Lösungen nachdenken. Die Probleme von morgen lösen wir nicht mit den Antworten von gestern.